Im Fashion-Store
Ich – auf der Suche nach einem Anzug. Die Kälte sitzt mir in den Knochen und ich freue mich auf eine Gelegenheit um Warme Luft zu atmen. Ich betrete den Verkaufsladen.
Jetzt kommt’s: Kaum im Laden angekommen, kommt eine freundliche junge Verkäuferin auf mich zu und meint: Willkommen in der Wärme. Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten oder vielleicht doch lieber ein Orangen Jus oder Mineral Wasser? Wie ein kalter Schluck Tee in der Kurve stehe ich angewurzelt fest. Kundenansprache neu definiert, denke ich. Kein plumpes ‹Kann ich Ihnen helfen›. Ich klicke auf den virtuellen ‹Gefällt mir-Button› in meinem Kopf. Danach ergänze ich: Gerne ein Orangen Jus – wenn Sie so nett fragen. Gesagt – gebracht. Darauf Sie: Ich bin Frau Ozmani und nehme mir gerne Zeit für Sie. (Anmerkung: Ich bin in einer normalen Kleiderladen-Kette, also nicht in einer einzigartigen, hochpreisigen Deluxe Boutique gemacht für Rolls Royce Fahrer) Sie: Wonach suchen Sie? Ich: Nach einem Anzug. Dunkelblau oder Schwarz. Sie schaut mich an und fügt hinzu: Grösse 50/52? Ich: Korrekt. Ich folge Ihr in eine Art Lounge.
Sie stellt viele Fragen, dann geht alles Ruck Zuck. Zirka sechs Anzüge landen auf einer Stange neben der Lounge. Gemeinsam gehen wir die Anzüge durch und reduzieren im Selektiv-Verfahren auf drei. Sie: Ich hole noch kurz drei verschieden farbene Hemden. Kragengrösse 42? Ich: Korrekt. In der Umkleidekabine stelle ich beim ersten Anzug fest, dass zuviel Raclette in der Wintersaison zwar gut für die Laune, aber schlecht für die Figur ist. Im Pinguin-Schritt aus der Kabine. Da wartet auch schon Frau Ozmani mit Grösse 54 in der Hand. Sie: Die sind sehr eng und tailliert geschnitten, deswegen habe ich bereits schon einen Grösseren geholt. Sehr aufmerksam, denke ich. Anfangs unsicher, entscheide ich mich Dank der Empfehlung von Frau Ozmani für den zweiten Anzug und nehme den Gurt (der übrigens bereits eingefädelt war) gleich mit. Plus das eine Hemd in Rosa um ein wenig Farbe in die ganze Sache zu bringen. Kravatten und Manchetten-Knöpfe hab ich genug, danke. Nach dem Bezahlen läuft Sie um die Kassentheke herum, um mir die Einkaufstasche persönlich mit Handshake zu überreichen. Sie: Herr Enz, ich danke Ihnen herzlich für den Einkauf und wünsche Ihnen viel Spass und Freude mit dem Anzug bei Ihrer Arbeit. Ach ja – möchten Sie noch einen Kaffee oder einen Latte Macchiato und etwas in unserer Lounge verweilen? Ich denke: Endlich hat jemand ge-checkt, dass die Phase nach dem Abschluss mindestens so wichtig ist wie die davor.
Ich nippe an meinem Kaffee und überlege die ganze Zeit, ob Frau Ozmani in einem meiner Seminare für Ladenverkaufspersonal war…