Wieso gibt es so viele Coaches
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Daniel Enz

Wieso gibt es so viele Coaches?

Wieso gibt es so viele Coaches, Berater, Trainer und Speaker und wie beurteile ich ihre Fähigkeiten? Eine spannende Diskussion auf LinkedIn vor wenigen Wochen zeigt, wie aktuell das Thema ist. Und dies ist nicht nur für Kunden, sondern auch für Experten selbst von Bedeutung. Denn: Viele wollen auf die Bühne, doch nur wenige haben wirklich etwas zu sagen.

Die Frage ist: Wo beginnt man ein Coach zu sein?

Coach, Trainer oder auch Berater darf sich (derzeit) jeder nennen und entsprechende Leistungen anbieten. Es sind keine geschützten Berufsbezeichnungen.
Kann das somit auch ein Freund, eine Mutter oder ein Arbeitskollege sein? Durchaus. Ein Coach ist vor allem jemand der gut zuhören kann und die richtigen Fragen stellt. Ob man hierfür eine Coaching-Ausbildung absolviert hat, ist völlig irrelevant. Es gibt zu viele Unbrauchbare auf dem Markt, jedoch mit Diplom in der Tasche. Dass Coaching-Verbände das Gegenteil behaupten, liegt natürlich auf der Hand – ganz nach dem Motto: Frage niemals einen Friseur, ob du einen Haarschnitt brauchst. Ich selbst habe z.B. in meiner Ausbildung für Erwachsenenbildung das Modul ‹Präsentation› nicht bestanden. Dass ich heute gegen Honorare auf internationalen Bühnen stehe, ist pure Ironie.

Nichtsdestotrotz, kann man sich natürlich zu einem professionellen Coach oder Trainer ausbilden lassen. So verstehen wir zum Beispiel, dass Coaching und Training nicht dasselbe Ziel verfolgen. Ein Coach gibt keine Antworten, er stellt Fragen, gezielte Fragen. Und zwar so, dass sein Gegenüber selbst auf Antworten kommt. Ein Trainer hingegen vermittelt aktiv seine Sichtweise und Erfahrung. Nur: Ein guter Trainer weiss, dass er vor allem im 1:1 auch Coach sein muss. Ob jemand dieses Handwerk beherrscht, findet man nur im persönlichen Gespräch heraus. Ich kann jedoch gut nachvollziehen, dass ich selbst z.B. in der Aussenwahrnehmung nicht als Coach wahrgenommen werde. Deswegen steht in meinem Logo ja auch Trainer & Speaker.

Warum braucht es überhaupt Experten?

In Zeiten, in der sich die Welt oft schneller dreht als wir es uns wünschen, sind viele Menschen mit dem Tempo überfordert. Sagen wir es so: Der Geist ist langsamer als der Körper. Das ist, wie wenn man zurück aus den Ferien ist, unser Geist jedoch noch irgendwo in den Bahamas in der Hängematte liegt. Dieses surreale Gefühl der Orientierungslosigkeit erzeugt bei vielen Menschen ein gewisses Vakuum, man sucht nach Sinnhaftigkeit im Sein und Tun. So ist der wohl häufigste Grund, warum man einen Coach besucht, ein Mangel an Feedback. Dies führt wiederum zu einem verzerrten Selbstbild, was wiederum Schwierigkeiten im Beruf oder Privatleben mit sich zieht. Coaches zeigen uns Wege auf, die wir eigentlich schon kennen, jedoch selbst nicht sehen. Ich kann Sie übrigens beruhigen: Jeder Mensch braucht Inspirationsquellen. Sogar der grösste Motivations-Guru, hat einen Mentor oder einen Coach, entweder in Form eines Menschen oder in Form von Büchern, Filmen, Musik, Kunst, etc.

Die «eigentliche» Frage jedoch ist: Wie prüfen wir, ob Berater, Coaches, Trainer oder sogar Speaker etwas taugen?

Früher dachte ich: Lasst den Markt entscheiden. Wenn jemand gebucht wird, dann hat er oder sie eine Daseinsberechtigung. Heute beobachte ich diese Entwicklung jedoch etwas kritischer. Als ich dieses Jahr am 23. Internationalen Trainer-Kongress in Donaueschingen vor langjährigen Berufskollegen einen Vortrag halten durfte, hatte ich es schon betont: «Sie schiessen wie Pilze aus dem Boden – die Trainer, Coaches, Berater und Speaker»

«Danke für deinen grossartigen Auftritt an unserem 23. Internationalen Trainer-, Berater- und Coaching-Kongress 2020. Du hast dich in die Höhle der Löwen gewagt, vor gestandenen Berufskollegen frei aus dem Nähkästchen geplaudert und dir unsere vollste Anerkennung verdient. Das war nicht nur authentisch, kurzweilig, humorvoll & inspirierend – das war ganz grosses Verkäufer-Kino! Schön, dass du zu unserem Partner-Netzwerk dazu gehörst.» Oliver Zanetti, Partner Manager SCHEELEN AG (Schweiz)

Ob auf LinkedIn, Facebook, XING oder Instagram – Es ist wie im Fussball oder bei COVID-19: Plötzlich sind alle Experten! Das Prekäre dabei sind Aussagen wie «Werde zum Top Coach», «Wie Du als Trainer Deinen Umsatz verzehnfachst» oder «Wie Du zum Top Speaker wirst» … das Ganze am besten noch in 1 Woche – natürlich mit Zufriedenheitsgarantie alla Media-Shop. Willkommen in der Coaching-Blase. Wenn man sich jetzt jedoch die Mühe macht und Nachforschungen über diese Personen betreibt, dann stellt man fest: Viele sind weniger als 2 Jahre auf dem Markt, noch nie gehört, gelesen, gesehen. Studierte sind nicht automatisch Erfahrene. Und trifft das Zweite doch noch zu, heisst das nicht zwingend, dass sie das Thema auch weitergeben können.

Was können Sie als Kunde also tun?

Seien Sie vorsichtig bei einem Führungstrainer, der selbst nie in einer Führungsposition war. Seien Sie skeptisch bei Coaches für Präsentationstechnik, die selbst nicht als Redner auf Bühnen stehen (oder wenn dann immer kostenlos), aber auf deren Webseiten es eine Rubrik ‹Vorträge› gibt. Das sind bestenfalls solide Referenten, aber keine Speaker. Referenten informieren – Speaker informieren und begeistern. Oder der Klassiker aus meiner Ecke: Verkaufstrainer, die sich selbst nicht verkaufen können und dafür ausschliesslich andere beauftragen. Der Vorwand: Mangelnde Zeit. Genauso wie: Ernährungs-Coaches mit starkem Übergewicht. Berater für Online-Marketing, deren Webseite aussieht wie eine Schülerzeitung. Kommunikations-Trainer, die Seminare oder Vorträge auswendig lernen oder sich dauernd an den Stuhl klammern. Rhetorik-Coaches mit einer Youtube-Absprungrate von 90% nach 10 Sekunden auf deren Videos. Humor-Trainer, die einfach Witze aneinanderreihen, selbst aber NICHT lustig sind. Life-Coaches, die selbst total unglücklich wirken. Und schliesslich Erfolgs-Gurus, die selbst keine Massen bewegen, keine Follower haben oder keinen Umsatz machen (wenn man Erfolg jetzt mal mit Geld bezeichnen würde, was natürlich nicht stimmt.) Es geht darum immer um eine Sache: Authentizität. Lebt die Person selbst vor, was sie predigt? Fragen Sie sich also: Was legitimiert diese Person, andere in diesem Thema zu unterstützen? Noch besser: Fragen Sie den Experten.

An alle Experten im Markt…

Wir sollten uns immer wieder fragen:
Was ist meine ganz persönliche Geschichte?
Was habe ich erlebt das mich befähigt, diese Erfahrung (nicht das Wissen) weiter zu geben?
Wie stark musste ich mein Thema suchen oder war es schon als Kind da?
War es ein bestimmtes Ereignis in meinem Leben, das mich zu meiner Tätigkeit führte?

Wir haben eine Verantwortung gegenüber unseren Kunden aber auch Berufskollegen, die einen sensationellen Job machen. Von denen gibt es glücklicherweise genau so viele. Ihr alle verdient meinen grössten Respekt.

Daniel Enz

 

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3 Kommentare zu «Wieso gibt es so viele Coaches?»

  1. Ein sehr guter Blog-Post!
    Genau diese Fragen muss man sich stellen.
    Auch wir müssen uns und unsere Expertise vermehrt kritisch hinterfragen und unser Offering entsprechend gestalten.
    Es ist mir teilweise ein Graus, wenn ich sehe welche Versprechen von „Top-Experten, Speakern und Coaches“ gemacht werden.

  2. Danke für diesen grossartigen Beitrag, der mir aus der Seele spricht. Heute ist tatsächlich eine gezielte Überprüfung der Angebote unabdingbar. Ich bin überzeugt, dass sich über die Zeit der Spreu vom Weizen trennt. Der Markt reguliert sich immer selbst. Am Ende zählt immer echte Kompetenz und Professionalität.

  3. ja ich erinnere mich immer wieder gerne an deine vorträge zurück. vorallem wenn mir ein clown begegnet, dann denke ich an deine rote Nase 🙂 Weiter so…

    p.s ich persönlich hasse das wort coach, oder experte. Heute gibts zu viele 18 Jährige Bubis, vor einer «Villa» die erzählen wie sie in ihren 50 Berufsjahren bereits 234234234 Milliarden verdient haben…

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