Warum sich viele Frauen im Business besser verkaufen sollten
Mir ist bewusst, dass ich mit diesem Beitrag mindestens so viele Kopfschüttler wie Kopfnicker auf meiner Seite haben werde. Eines möchte ich vorwegnehmen: Ich bin kein Feminist – nur ein Freund der Gleichberechtigung.
„Die hat aber Haare auf den Zähnen!“
Ein Satz den ich noch nie im Zusammenhang mit männlichen Kollegen gehört habe. Doch weshalb?
Noch nicht vor all zu langer Zeit betrachtete man Frauen als Hüterin des Haushalts, als Erzieherin der Kids, als Herrscherin über den Herd. Doch die moderne Frau, gut ausgebildet und erfolgshungrig, strebt nach mehr. Sie will in der Wirtschaft mitmischen. Was vor rund 20 Jahren noch als Männerdomäne galt, beweisen heute auch einige weibliche CEO’s in Top Unternehmen. Ja sogar im Schweizer Bundesrat gibt es mittlerweile eine Frauenquote.
Dennoch besetzten hierzulande nur rund 6 Prozent der Frauen die Stufen der Geschäftsleitungen, wie die veröffentlichte Studie des Executive-Search-Unternehmers Guido Schilling zeigt. Auch in meiner Branche, der Trainer & Speaker-Branche, sind sie in klarer Unterzahl. Sind die Frauen wirklich auf dem Vormarsch? Die wenigen mit ‚Haaren auf den Zähnen’ – ja. Und die anderen? Nicht wirklich – oder nur sehr gemächlich. Dabei sollte doch die Person mit der besten Sozial-, Fach- und Methodenkompetenz auf diesem Stuhl sitzen. Trotzdem beobachte ich als Verkaufstrainer oft, wie die hoch gepredigten Fähigkeiten und Work-Skills immer noch vom Parameter Geschlecht verdrängt werden. Und dabei wären viele von ihnen definitiv die bessere Alternative zu ihren männlichen Kollegen. Sorry guys!
Opfer der Evolution und der jüngsten Zeit?
Frauen sind aus evolutionstechnischer Sicht harmoniebedürftige Wesen und geben weichen Faktoren wie einem guten Team oder gar Pflanzen im Büro ebenfalls eine starke Gewichtung. Das hat durchaus auch Gutes, wo sonst wäre die Menschheit heute, hätte die klare Rollentrennung zwischen Mann und Frau nicht für das Heranwachsen der nächsten maskulinen Supergeneration gesorgt.
Doch wie sieht es heute in der Wirtschaft aus?
Ist Eva aus dem Paradies immer noch stark in unseren Verhaltens- und Denkweisen verankert? Ja. So knicken beispielsweise viele Frauen im Lohnverhandlungsgespräch schneller ein, da man sie mit Lunch-Bons oder Bahnbillets einfacher ködern kann. Man sucht den einfachen Konsens, die Harmonie. Bis sie am Tag X rein zufällig erfahren, was ihr männlicher Arbeitskollege verdient. Jetzt fühlen sie sich schlecht und ungerecht behandelt und die Kaffeepause wird zur Gerüchteküche zweckentfremdet. Selber schuld?
Nun, nebst der Tatsache, das viele Personalfachkräfte im Vornerein den weiblichen Lohn intuitiv tiefer ansetzen (und das niemals zugeben werden, stattdessen mit Statistiken argumentieren) sollten Frauen mutiger sein. Weshalb?
Wenn ich z.B. als Prüfungsexperte Fach Präsentations- oder Verhandlungsstechnik im Einsatz bin, sind es oft Frauen, welche die Quoten und Notenschnitte retten, trotz ihrer Minderheit. Doch wo bleiben diese Frauen in der Wirtschaft? Viele gehen unter. Nicht wie die Titanic, sondern mehr unter in der Masse der männlichen Kollegen. Oder sie werden Mutter und gehen einem der meist unterschätzten Jobs der Welt nach: Kinder erziehen und Haushalt schmeissen! Für Männer, die das mal eine Weile gemacht haben ist der Arbeitsplatz die reinste Erholung.
„Dass eine Fixierung der Frau auf Beruf und Karriere letztlich ein Grund dafür sein kann, dass weniger Kinder geboren werden, leuchtet hierzulande nicht nur ‹echten› Männern ein. Doch wäre die These ‚Karriere statt Kind’ richtig, dann müsste man erwarten, dass gerade solche Länder, in denen vergleichsweise viele Frauen am Wirtschaftsleben teilnehmen und Führungspositionen erobern, eine besonders niedrige Geburtenziffer ausweisen.
Ein Blick in die Statistik zeigt nun aber, dass dies eben häufig nicht der Fall ist. In Neuseeland oder in den USA zum Beispiel bekommt eine Frau im Durchschnitt mehr Kinder als in Südkorea oder Italien, dennoch nimmt sie stärker am Wirtschaftsleben teil und ist in den Führungspositionen von Wirtschaft und Verwaltung häufiger vertreten.“ (Quelle: Der Spiegel.de)
Für all jene Frauen, die weiterhin im Berufsleben bleiben, (und Ja, Sie können auch in Teilzeit-Arbeit trumpfen) empfehle ich Folgendes:
- Wenn beim nächsten Meeting Freiwillige für Projekte gesucht werden, dann strecken Sie Ihre Hand hoch, auch wenn Sie sich das anfangs nicht zutrauen, egal wie viele Steve-Jobs-Typen am Tisch sitzen. Keine Angst, Sie wachsen in die Aufgaben herein. Männer tun nämlich dasselbe. Dasselbe gilt für Beförderungen.
- Wenn Sie jetzt denken, dass Sie als starke Frau gegen Ihre männlichen Arbeitskollegen ohnehin nicht ankommen, dann sind Sie nicht wirklich stark. Ändern Sie Ihre Einstellung. Das ist der erste Schritt.
- Unterbinden Sie sämtliche Mobbing-Versuche! Sofort. Bestimmt.
- Sprechen Sie die Männer an und warten Sie nicht darauf angesprochen zu werden. Viele werden überrascht sein und Sie automatisch in die Schublade ‚selbstbewusst’ oder gar ‚gefährlich’ stecken. Denken Sie dabei an harte Typen wie z.B. Robert De Niro.
- Seien Sie mutiger indem Sie auch mal vorne hin stehen und mit einem lauten ‚Krachbumm’ auf sich aufmerksam machen. Üben Sie vor dem Spiegel wie Sie sich um etwas bewerben.
- Trainieren Sie Ihre Argumente. Immer wieder.
Für ganz Mutige:
- Schaffen sich Aufmerksamkeit mit Sätzen wie: „Herr Muster, Sie haben zwar Haare auf den Beinen – ich hab jedoch Haare auf den Zähnen“ …und setzen Sie dabei ein breites Grinsen auf.
Falls Sie am Schluss des Tages doch nicht ‚abliefern und umsetzen’ können, dann werden sie Wohl oder Übel ausgemustert und das ist auch gut so. Nur sollte es vielen Männern genauso gehen und das finden wir nur heraus, indem sich Frauen in der Geschäftswelt selbstbewusster verkaufen.
Für alle Männer: Anschnallen!
Buchtipp:
„Böse Mädchen kommen in die Chefetage“ von Lutz Herkenrath
Verlag: Rutschbahn Verlag, ISBN-10: 3981618912,
4 Kommentare zu «Frau Dich!»
sehr schön 🙂 Daumen hoch!
vielen Dank Claudia
Ein wirklich gelungener Beitrag. Spannend die Ansicht eines Mannes dazu zu lesen.
Häufig stossen wir in unseren Seminaren in Bezug auf Selbstmarketing und in Diskussionen mit Frauen auf das Thema, wieso es nicht mehr Frauen in der Chefetage oder in Verwaltungsräten gibt.
Das Fazit: Wir Frauen sollten mehr auf unsere Kompetenzen aufmerksam machen und nicht darauf warten, «entdeckt» zu werden. Viele Menschen haben keine Zeit, genau hinzuschauen, was die anderen alles können. Wir sollten Projekte annehmen und initiieren, auch wenn wir uns nicht 100% sicher fühlen. Wachstum ist nur möglich, wenn wir etwas wagen und dabei auch ab und zu Fehler machen.
Treffend hat Daniel Enz das zusammengefasst. Was braucht es? Selbstbewusstsein, Mut und Training.
«You don’t get what you deserve. You get what you ask for.»
Vielen Dank Aleksandra für den Input.
Wie Du sagst ist das ‹entdeckt› werden wie Schach spielen. Jemand sieht das Potenzial im nächsten Zug, und andere sehen’s nicht. Wenn man also däumchendrehend auf die grosse Casting-Jury hofft… dann kann wirklich viel Zeit vergehen. Und der Faktor Zeit spielt hier die entscheidende Rolle – denn die wird immer knapper. Leider.
«Go and get the cake. Because you can»